Das menschliche Interesse an der Vielfalt der Lautäußerungen im Tierreich ist seit jeher groß gewesen. Insbesondere die Vogelstimmen zogen in ihrer Vielfältigkeit und durch den musikalischen Charakter besonders große Aufmerksamkeit auf sich und inspirierten berühmte Komponisten zu weltbekannten Werken in der Musik.
Die Ähnlichkeit zwischen Vogelgesang und Musik wird von Philosophen, Kulturwissenschaftlern und Naturforschern seit langer Zeit erforscht.
Schon im 17. Jahrhundert versuchte man Vogelgesänge in Notenschrift darzustellen. So beschreibt der Musikwissenschaftler Bernhard Hoffmann die Vogelgesänge unter anderem als „Musikalische Leistung“ und der Ornithologe Otto Fehringer schreibt der Nachtigall einen „Leidenschaftlichen Vortrag“ zu.
Die Gesänge der Vögel können wir mit unseren Musikgenres wie Jazz, Pop usw. wohl nicht vergleichen. Doch es ist Vogelmusik, denn ihre Gesänge bestehen aus Rhythmus, Melodie und Komposition. Einfach ausgedrückt, ist Musik in der Zeit- und Tonfolge organisierter Klang. Und Melodie ist eine Abfolge von Klängen, welche die Vögel durch ihre Gesänge wunderschön darzubieten wissen.
Wolfgang Amadeus Mozart soll für viele seiner Werke durch den Gesang eines Stars inspiriert worden sein und auch das Werk des französischen Komponisten Olivier Messiaen wurde ganz besonders vom Vogelgesang beeinflusst. Messiaen, der ebenfalls Ornithologe war, zeichnete auf Weltreisen Vogelrufe auf und verwendete diese in Klavierwerken, Orchesterwerken und seiner Oper Saint François d’Assise.
Die Nachtigall ist wohl eine der bekanntesten Vogelarten, welche die berühmtesten Komponisten bis in die Moderne hinein inspirierte. Wie zum Beispiel Ludwig van Beethoven in seiner 6. Sinfonie, Johann Strauß in der „Nachtigallen-Polka“ und Igor Strawinsky im „Lied der Nachtigall“.
Die Meistersängerin singt auch tagsüber, doch im akustischen Rahmen der stillen Nacht ist ihr Gesang, den sie mit bis zu 400 Strophen vorträgt, schon besonders zauberhaft.
Der Gesang der Nachtigall bekam seit jeher besonders viel Aufmerksamkeit in der Forschung, von Naturwissenschaftlern und Musikwissenschaftlern gleichermaßen. Daher steht uns heute zur weiteren Erforschung sehr umfangreiches Material zur Verfügung.
Der Vogelgesang ist um ein vielfaches schneller und höher, unser menschliches Ohr ist nicht in der Lage die einzelnen Elemente des Vogelgesangs wahrzunehmen. So kann beim Anhören mit verlangsamter Geschwindigkeit einer Aufnahme, die Vogelstimmen-Musik differenzierter gehört und erforscht werden. Vogelgesänge werden inzwischen nicht mehr lautmalerisch oder mit Noten dargestellt, sondern mit Sonagrammen – die Einzelheiten der Gesänge werden dadurch auch sichtbar.
Die verschiedenen Ruflaute der Vögel lassen sich eher weniger als Musik bezeichnen. Doch es ist äußerst spannend zu sehen, dass beim Warnruf eines Vogels, ganz gleich welcher Art, dieser auch von anderen Vogelarten und sogar von anderen Wildtieren „verstanden“ wird. Die Solidarität unter den Tieren ist doch immer wieder faszinierend!
Duett-Gesänge werden unter Männchen und Weibchen, also dem Brutpaar beobachtet und dienen dem Zusammenhalt. Die einzelnen Gesänge der Partner passen in der Harmonie genau ineinander und beweisen somit, dass die einzelnen Strophen aufeinander abgestimmt sind. Die wechselseitige Koordination erfolgt nicht nur vokalisiert, das Duett wird auch von nicht-vokalen Verhaltensmustern wie auffälligen Flügelschlägen begleitet.
Ob nun die menschliche Musik tatsächlich grundlegend durch die Vogelgesänge inspiriert wurde, darum ranken sich viele Theorien und kann bis heute nicht abschließend beantwortet werden.
In der Mythologie erfahren wir, dass es wohl einst die Vögel waren, die den Menschen vor langer Zeit die Musik lehrten.
Durch all die Wälder
hörten sie die bezaubernden Töne
zwitschernder Vögel und versuchten,
ihre Stimme nachzubilden
und zu imitieren.
So lehrten die Vögel
dem Menschen Lieder,
noch bevor er selbst
zum Künstler wurde.
Lukrez („Über die Natur der Dinge“)
Quellen: Vogelgetwitter, NABU, Wikipedia, Adobe Stock